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npi_-_konfliktbehandlung_-_rollen_und_strategien.pdf
KONFIIKTBEHANDLUNG Rollen und Strategien der Konßiktbehandlung Konßikte unterschiedlichen Eskalationsgrades erfordern -eine vllig andere Vorgehensweise der Konßiktbehand- lung. Eine Vorgehensweise kann z.B. bei Konßikten der dritten Eskalationsstufe sehr sut wirken, auf der -fnften Stufe wirkt sie jedoch zu oberßchlich. Und auch umgekehrt ist dies der Fall: Was fr die Stufe sechs geboten ist, wirkt vllig bertrieben auf den schwcheren Eskalationsstufen. Wenn die Interven- tionsstrategie auf den Eskalationsgrad gut abgestimmt ist, wird sie weder zu oberßchlich noch zu tief“ -schrfend sein, :Die folgenden genannten Strategien und die entspre- c h e n d e n R o l l e n p a s s e n a m b e s t e n . z u d e n g e n a n n t e n Es¥alationsgraden (F. Glasl 1980) Eskalationsgrad: INSTITUUT VOOR ORGANISATIE ONTINIKKELING Valckenboschlaan 8 - Postbus 299 - 3700 AG Zeist - Holland - Tel. (03404) 20044 2 ¥ “Moderator” 4 5 6 1 Prozessbegleiter 1 sozio-therap. g - o - 7essbeglei ter Vermittler 1 6180.828 FG/CE 7 8 9 Schiedsrichter Machtsinstanz In der bersicht drcken die KLammern aus, dass eine bestimmte Vorgehensweise, z.B. Prozessbegleitung, auch auf mehrere Eskalationsstufen angewendet werden kann. Ob die eine oder die ndere Vorgehensweise be- vorzugt werden soll, hngt auch vom Konßikttyp und von Rahmenbedingungen (verfgbare Zeit, . Explosivitt der Situation, erwartete Schadenswirkungen usw.) ab. berdies muss man der Art der gegenseitigen Abhngig- keitsbeziehungen Rechnung tragen. Wenn.z.B. komple- mentre Abhngigkeit gegeben ist (etwa Betriebsrat - Management , wenn es um die Probleme aus den Beziehungen Arbeitgeber-Arbeitnehmer geht), wie auch bei Makro- konßikten, ist eine Anpassung notwendig. Schematisch ge- sprochen: Die Rollenmodelle verlagern sich dann im gegebenen Schema etwas mehr nach links. Und es kommen dann auch noch andere Rollenmodelle zur Anwendung: Conciliator, Interessenvertreter und dgl. Denn die hier beschriebene Prozessbegleitung richtet sich vor allem auf synergetische Prozesse, bei denen durch Inte- gration der vorhandenen Ressourcen eine gemeinsame Leistung erbracht werden soll, der Effekt mehr ist als die Summe der Einzelleistungen sein k o nnte. Der Con- ciliator verbindet Methoden des Vermittlers. mit denen des Prozessbegleiters, jedoch fr Verhandlungsprozesse. Verschiedene Interessen k5nnen zusammen durchaus auch die Qualitt der Vermittlung gewinnen, auch wenn jeder Vertreter primr die Belange der entsendenden Partei vor Augen hat. Es folgen nun einige wichtige Merkmale der genannten Rollen und Strategien der Konßiktbehandlung, “Moderator”: Als Ausgangspunkt gilt das Streben, um die Parteien soviel wie nur m glich am Besprechen und L o s e n d e r e n t s t a n d e n e n K o n f l i k t e s e l b s t a r b e i t e n z u lassen. Dazu kann der Moderator Methoden, Prozeduren und andere Hilfen anbieten. Seine Anwesenheit garan- tiert, dass die Parteien nicht wieder unbemerkt in die POlarisation verfallen und damit die Konßikt- mechanismen heraufbeschwi3ren, mit denen sie gerade nicht mehr weitergekommen sind. Der Moderator wird ihnen vielmehr helfen,aus dem Konßikt zu lernen und kon- struktiv an der Bewltigung der Gegenstze zu arbeiten. Der Moderator tritt nur sehr vorbergehend zwischen die Konßiktparteien. Er stimuliert die Parteien zur gross : - ten Eigenaktivitt und vergri3ssert nicht unn8tig den Abstand zwischen ihnen. Die besonderen Fhigkeiten des Moderators werden auf den Gebieten der Entscheidungsmethoden, der Diskussions- und Besprechungstechniken (A. van Hoese 1957, A. Filley 1975), Kreativittsmethoden usw. liegen. Ausserdem muss er die grundlegenden gruppendynamischen Fhigkeiten be- herrschen, mit denen er die entstandene Rollenkri- stallisation und RollenÞxation aufweichen kann. Mit den Methoden der Transaktionsanalyse (E. Berne 1964) oder verschiedener Kommunikationsschulen (C. Rogers usw. 1964) und mit den Mitteln des helfenden Gesprches wird er Wesentliches zur Behandlung der Konßikte beitragen 1<nnen. Prozessbegleiter: Diese Verfahren greifen bereits viel tiefer in die Organisation und in die Menschen ein, weil die Konßiktmechanismen tiefer in Mensch und Organisa- tion verankert sind. Der Prozessbegleiter bietet Hilfe beim Analysieren und Verbessern komplexerer Prozesse der Kommunikation, der Zielbildung, der Politikent- wicklung, der Kommunikationsmuster in und zwischen den Parteien usw. Er wird viel an die Eigenaktivitten der Parteien appellieren, aber zeitweise wird er durch eigene Vorschlge und Eingriffe selbst Initia- tiven ergreifen, um tote Punkte zu berwinden. Er wird vor allem beim Prsentieren von Konßiktbehandlungs- methoden direktiv vorgehen, selbst wenn er jeden Inter- ventionsschritt den Parteien erlutert und mit ihrem Ein- verstndnis rechnet. Besondere Fhigkeiten sind notwendig, um die verfahre- nen Formen in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu diagnostizieren und zu normalisieren. Viele Interventio- nen werden darauf abzielen mssen, die Vertrauensbasis zu schaffen oder zu verbreitern und eine andere Ein- stellung zum Gegner zu Þnden. Prozessbegleitung be- dient sich viel der Methoden zur Perzeptionsklrung, vor allem der Stereotypen, die sich bei den Parteien gegenseitig festgesetzt haben. Dafr haben u.a. R. Walton (1969), R. Blake/H, Shepard/J. Mouton (1964) sehr wertvolle Methoden entwickelt. Sozio-therapeutischerProzessbegleiter: Wenn der Eska- lationsgrad 5 oder 6 erreicht ist, dann wird die Dritt- partei noch tiefer auf die Parteien eingehen mssen. Das gegenseitige Misstrauen sitzt tief und blockiert jede Annherung. Die Parteien sind tief enttauscht und mit den beginnenden Drohungen herrschen Gewalt- und Macht- denken vor. Die Parteien haben es schwierig, sich selbst wieder aus der Sackgasse zu bewegen. Darauf muss sozio- therapeutische Prozessbegleitung eingehen. Die Inter- ventionen sind darauf gerichtet, mehr Selbstvertrauen und Vertrauen in den Gegner aufzubauen, damit die Parteien das Risiko eingehen wollen, der Gegenpartei in einem Gesprch oder einer Verhandlung zu begegnen. Interventionen dieser Art mssen auch die grundstz- lich gestrten Beziehungen zwischen den Parteien wieder normalisieren k8nnen. Dafr ist viel Verstndnis fr die tieferen Zweifel und Probleme der Konßiktparteien not- wendig. Zu Beginn werden die Parteien zu wenig eigenen Initiativen imstande sein und eher vom Helfer erwarten, dass er die abwartende und misstrauische Haltung durch- bricht. Dies kann viel Zeit und Mhe kosten. Der psychische Abstand zwischen den Parteien wird nur langsam berbrckt werden kanen. Er wird bei den ersten Inter- ventionen als Faktum einfach zu respektieren sein. Wenn Begegnungen zu frh herbeigefhrt werden, dann ken- nen die gegenseitigen Enttuschungen eher verstrkt werden. Fr die Interventionen der sozio-therapeutischen Pro- zessbegleitung Þnden sich wichtige Anregungen u.a. bei I. Boszormenyi-Nagy/J. Framo 1965; P. Watzlawick/ J. Beavin/D. Jackson 1968; H.E. Richter 1967 und 1972; V. Frankl 1975. Vermittler: Der Vermittler geht davon aus, dass die Parteien von sich aus keine Maiglichkeiten der Annherung mehr sehen. Darum wird vieles uber die Drittpartei laufen. Als Pendeldiplomat wird er mit den Parteien getrennt ber LZisungsm5glichkeiten verhandeln, die gengend Akzeptanz versprechen. Aber auch der Ver- mittler wird von den Parteien nicht voll ins Vertrauen gezogen werden, sondern ist selbst eine eigene Ver- handlungspartei, die gegebenenfalls auch eigene Inter- essen und Ideen verfolgen wird. Es ist also eine Drei- ecksverhandlung im Gange, und der Vermittler beÞndet sich dabei in einer hnlichen Positionwie die ver- handelnden Parteien selbst. Er hat nur den Vorteil, dass er relativ mehr Vertrauen und den Zugang zu den Parteien geniesst. Der Vermittler strebt an, die Parteien zu eigenen Lg.- sungsvorschlgen zu bewegen. Oft wird er eigene Vor- schlge vorbringen. Er geht dabei viel weniger tief auf die verschiedenen Konßiktaspekte ein, sondern konzentriert sich am meisten auf Issue-Interventionen. Dabei wird er fortwhrend an der Verbesserung des Ver- handlungsklimas arbeiten mssen. Er wird auch be- urteilen mssen, ob ein bestimmter Vorschlag Chancen hat, weil er bei den gegebenen gest5rten Beziehungen vielleicht zu starkes Vertrauen oder zu starkes Miss- trauen unterstellt. Indirekt nur arbeitet der Ver- mittler an der Verbesserung der Beziehungen zwischen den Parteien. In manchen Situationen wird der Ver- mittler eine BLockade berwinden, indem er auch seine eigene Position, sein Prestige und seine Macht mit in die Waagschale wirft. Viele praktische Hinweise geben die Arbeiten von u.a. Ch. Rehmus 1965, H. Crott/M. Kutschker/H. Lamm 1977 und H. Prein 1979, Schiedsrichter, Richter: Bei Schiedsverfahren und einem Richterspruch wird jede Losung von den Parteien durch eine von aussen kommende Entscheidung ersetzt. Dazu mssen sich die Parteien im voraus bereit erklrt haben. Oder es wird durch Gesetz, Statuten oder Machtver- hltnisse ein obligatorisches Einleiten eines schieds- 5. richterlichen oder richterlichen Verfahrens aufer- legt. Fr Schiedsrichter und Richter ist strikte Neutralitt und Unparteilichkeit geboten. Darum wird man in dieser Rolle schon bei der Informations- sammlung ganz anders vorgehen als z.B. ein sozio- therapeutischer Prozessbegleiter oder ein Vermittler. Weder direkt noch indirekt wird an den Problemen der gegenseitigen Beziehungen und deren tieferen Hintergrn- dengearbeitet. Konßiktlsung besteht hier in der Hauptsache im Regulieren und Kanalisieren des usse- ren Verhaltens der Konßiktparteien, oft noch mit Drohungen und Zwangsmassnahmen verknpft. Dafr ist es aber besonders wichtig, dass die Prozeduren und Normen, nach denen die Richter oder Schiedsrichter vorgehen, bekannt und durchsichtig sind. Fr weitere Vertiefung siehe N. Luhmann 1975, St. La Tour/ P. Houlden/L. Walker/J. Thibaut 1976. Machtsinstanz: Bei Machtseingriffen liegen alle Initia- tiven bei der Drittpartei, der Machtsinstanz. Die Par- teien haben dann angesichts der bestehenden Machts- verhltnisse keine andere Wahl als den Eingriff zu dulden und sich damit aufs neue zu arrangieren. Kon- ßikte werden ber eine auferlegte Verhaltensregu- lierung oder durch das Androhen von Sanktionen ge- regelt. Auf die eigentlichen Probleme wird dabei kaum eingegangen. Machtsinstanzen bedienen sich oft verschiedener Ex- perten, die als sogenannte “neutrale Fachleute” einge- schaltet werden. Sie sind dann an die Interessen der sie bestellenden Machtsinstanz gebunden und haben oft den Auftrag, die Durchsetzungschancen eines Machtseingriffs zu prfen. Auch eine wesent- liche Ausweitung der Koalitionssysteme kann zu Inter- ventionen mit dem Charakter einer Machtsinstanz fhren, wenn eine Partei zum Verlierer gemacht wird und das Diktat des Siegers akzeptieren muss. In der Literatur Þnden sich bei G. Peabody 1972, M. Otto 1979 und F. Glasl 1980 wichtige Hinweise. Auf dieser Stufe kann auch die Bereitschaft ent- stehen, absolut auf jede Machtusserung zu ver- zichten und mit den Methoden der Gewaltlosigkeit (H. Goss-Mayr 1976) eine entscheidende Wende herbei- zufhren. Natrlich kann die Haltung der Gewaltlosig- keit auch bereits in den vorhergehenden Eskalations- stufen zu einem wesentlichen Durchbruch fhren. Die beschriebenen Rollen und Strategien haben alle relativen Wert. Bei Konßiktbehandlung wird man aber danach streben, um mit den Interventionen die Parteien nicht unntig in Abhngigkeit zur Drittpartei zu bringen. Es ist ja eines der wichtigsten Ziele der Konßikt- behandlung, mit den Konßiktparteien so an der Bewltigung ihrer Konßikte zu arbeiten, dass sie gleichzeitig lernen, wie sie damit in Zukunft besser als bisher umgehen k , 5nnen. Dan n is t d i e Wi rk un g s o w o h l k u r a t i v als prventiv. 6. Zitierte und empfohlene Literatur: Herne, E., Garnes people play. New York 1964 Blake, R., H. Shepard/J. Mouton, Managing intergroup conßict in industry. Ann Arbor/Houston 1964 Boszormenyi-Nagy, J., J.B. Framo, Intensive family therapy. New York 1965 Crott, H., M. Kutschker /H. Lamm, Verhandlungen (I und II). Stuttgart/Berlin 1977 Filley,A., Interpersonal conßict resolution. Dallas/ Oakland etc. 1975 Frankl, V., Theorie und Therapie der Neurosen. Mnchen/Basel 1975 Glasl, F., Konßiktmanagement. Bern/Stuttgart 1980 Gordon, Th., Lehrer-Schler-Konferenz, Hamburg 1977 Goss-Mayr, H.,Der Mensch vor dem Unrecht. Wien 1976 Hoesel, A. van, Zindelijk denken. Bilthoven/Antwerpen 1957 La Tour, St./P. Houlden/L. Walker/J. Thibaut, Some determinants of preference for modes of conßict resolution. In: Journal of Conßict Resolution, vol. 20, 1976, PP , 319-356 Luhmann, N., Legitimation durch Verfahren. Darmstadt/ Neuwied 1975 Otto, Mo, Conßicthantering door een buitenstaander. In: Zeitschrift M & 0, Jan./Febr. 1979, pp. 145-161 Peabody, G., Power strategies. In: Journal of Applied Behavioral Science, vol. 8, 1972, pp. 341-360 Prein, H.C.M., De rol van bemiddelaar. In Zeitschrift M & 0, Jan./Febr. 1979, Pp. 135-144 Rehmus, Oho, The mediation of industrial conßict: a note on the literature. In: Journal of Conßict Resolution, vol. 9, 1965, pp. 118-126 Richter, H.E., Eltern, Kind und Neurose. Reinbeck bei Hamburg 1967 Richter, H.E., Patient Familie. Reinbeck bei Hamburg 1972 Rogers, C., Dealing with psychological tensions..In: Journal of Applied Behavioral Science, vol. 1, 1964, pp. 6-24 Walton, R., Interpersonal peacemaking: confrontation arid third-party consultations, Reading 1969 Watzlawick, P./J.H. Beavina.D, Jackson, Pragmatics of human communication. London 1968 COPYRIGHT NPI