entwicklungsphasen_einer_lebensgemeinschaft

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• Eine Lebensgemeinschaft ist ein lebendiger Organismus, wie Pflanze, Tier und Mensch. • Sie ist eine Gruppe, die über längere Zeit standhalten muß. • Innerhalb der Lebensgemeinschaft finden oft sehr intime persönliche und physische Kontakte statt. Wenn wir von Entwicklungsphasen sprechen, dann suchen wir gerne nach einem Urbild, mit dem wir einigermaßen vergleichen können. • Wir möchten als Urbild das Urbild der Entwicklung des einzelnen Menschen nehmen. Dies aus verschiedenen Gründen: • Einerseits können wir dieses Urbild an uns selber kontrollieren, • andererseits ist es uns aus der Literatur etwas bekannt.** • Wir haben bei der Besprechung der Lebensphasen des individuellen Menschen einen Unterschied gemacht zwischen • der physisch-biologischen Entwicklung, TECHNISCHE UNDSCHAU Europäische Industrie. MW Handelszeitung 1 0 . Oktober 1978 7 0 . Jahrgang N r . 41 F r . 1.50 DM 1.50 ii8 10.— Die geistige Entwicklung zielt auf Bewußtwerdung, Bewußtsein. Das Individuum und seine Lebensgemeinschaften werden bewußter. Der Mensch, selbst ein Sy- I stern, lebt und webt in anderen Systemen. Denn unsere Welt, unsere Lebensgemeinschaften, sind vernetzte Systeme: unsere Um- und Mit-Welt. Diese Welt eines Menschen reicht so weit, wie sein Bewußtsein reicht. Mensch und Gemeinschaft entwickeln sich durch Bewußtseinserweiterung. Entwicklungsphasen einer Tn In Lebensgemeinschaft Es kann, aber es braucht nicht immer eine Ehe zu sein u m folgendes zu erleben. Von H. J. ten Sietholl, BWI Uni Bern, NPI Zeist NL* • der seelischen Entwicklung und 1 • der geistigen und Ich-Entwicklung. So müssen wir in einer Lebensgemeinschaft (weil Kontakte auf allen Ebenen vorhanden sind) auch diese drei Ebenen besprechen, und zwar in ihrem Zusammenhang. Was unsere Beschreibung noch komplizierter macht, ist die Tatsache, daß, obwohl eine Gruppe oder Gemeinschaft mehr sein kann als die Summe der einzelnen (wegen dem synergetischen Effekt), wir doch mit einer Summe von Einzelindividualitäten zu tun haben, die in Wechselwirkung zueinander stehen. Weil jeder einzelne in einer bestimmten Lebensphase seiner Entwicklung steht, die bei den verschiedenen Gemeinschaftsinitgliedern nicht immer dieselben zu sein brauchen (nicht alle brauchen gleichaltrig zu sein), erhöht das die Komplikationen. - - Man könnte daraus den Schluß ziehen, an diese Aufgabe überhaupt nicht herangehen zu können; aber wir können doch durch eine relative Vereinfachung und Beschreibung von ideal-typischen Situationen einen Beitrag liefern zum Durchschaubarmachen sehr komplexer und komplizierter sozialer Zusammenhänge: • Jeder wird dann für sich das Dargebo-', tene auf seine eigene Situation übertragen müssen und damit seine eigenen, Schlußfolgerungen ziehen. • Genau wie bei der Biographie des individuellen Menschen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen der Entwicklung eines einzelnen Menschen und der einer Gruppe oder Lebensgemeinschaft oder Ehe: • Der Unterschied ist dieser, daß eine Gemeinschaft keinen physischen Körper hat wie der Mensch. • Wo beim Menschen die soziale Entwicklung eigentlich e r s t richtig einsetzt m i t dem 21. Lebensjahr, • ist der Anfang der Entwicklung einer Gemeinschaft gleichzusetzen mit der Phase 21 bis 28 beim individuellen Menschen. Trotzdem kann man in einer Lebensgemein. schaft auch die kleinen Krisen entdecken: Um das 3. Lebensjahr und um das 9. z. B. gibt es dort eine Art Pubertät usw. Einfachheitshalber wollen wir aber a n die Phasen 21 bis 28, 28 bis 35 usw. anschließen und immer wieder Vergleiche ziehen. Erste Phase (Vergleich 21 bis 28) Die erste Phase einer Lebensgemeinschaft. oder «Ehe» (ich möchte weiter das Wort «Ehe» verwenden, meine es aber i m erweiterten Sinne) hat alle Merkmale eines «sozialen Geburtsprozesses»: • Für alle Beteiligten fängt eine neue Lebensphase an. • Es müssen neue Experimente gemacht und neue Fähigkeiten entwickelt werden. Wie beim individuellen Menschen müssen folgende Fähigkeiten entwickelt werden, damit die «Ehe» (die «Lebensgemeinschaft») selbst sich fruchtbar weiterentwickeln kann: • Unbefangenheit im Denken, • inneres Gleichgewicht im seelischen Bereich des Fühlens, • Mut im Handeln oder Wollen, damit man den vorhandenen oder auftauchenden Problemen nicht ausweicht, sondern (wie man sagt) «die Kuh bei den Hörnern packt». Eine Ehe ist eine Situation, in welcher Menschen, die sich vorher noch nicht oder kaum kannten, auf einmal sehr intim miteinander leben müssen und somit sofort mit all ihren Eigen-Artigkeiten konfrontiert werden. Es sind zwei Identitäten, zwei «Ich-e», die jetzt vor der Aufgabe stehen, aus dieser Zweiheit eine neue Einheit zu bauen. Das heißt, daß beide Partner ihre Ideen, ihre Werte und Normen und ihre Gewohnheiten aufs neue überdenken und überprüfen müssen und somit entdecken (im gemeinsamen Gespräch), inwieweit diese Ideen, Normen und Werte und Gewohnheiten in der neuen Situation angebracht sind. Jeder kennt das Problem des «Aber bei uns zu Hause haben wir das immer so gemacht . » Wenn man in einer Ehe nicht bewußt an diese Sachen herangeht, entstehen früher oder später Probleme; und je länger ein Problem unterschwellig bleibt, je größer und desto schwieriger wird es, eine gesunde Lösung zu finden ohne tiefgreifende Konflikte und Auseinandersetzungen. Man könnte diesbezüglich eine Krise auch so formulieren oder definieren: • «Eine Krise ist die Folge einer Nachlässigkeit.» Um a n e i n Problem aber heranzugehen, braucht es tatsächlich Mut, inneres Gleichgewicht (Gleichmut) und Unbefangenheit. Jedes Gespräch sollte auf die Entwicklung dieser Eigenschaften überprüft werden; Partner sollen sich immer bewußt sein davon, daß es wichtiger ist, diese Eigenschaften zu entwickeln, als die Probleme «beiseite zu schieben». Innere Kraft entsteht nur am Widerstand. • So wie das Kind im ersten Jahrsiebent seinen physischen Körper umformt, müssen die Partner in der Ehe ihren «Körper» von Ideen, Gedanken, Werten, Normen und Gewohnheiten umformen. Daß das nicht so einfach ist, daß das manchmal weh tut, ist klar; ausweichen hilft einem aber trotzdem nicht. Damit könnte man sogar sagen, daß ein Mensch, der nicht bereit ist, diesen Weg zu gehen, die Gemeinschaft in seiner Entwicklung zurückhält. • Man muß den Mut haben, sich so mit dem Schicksal des einzelnen zu beschäftigen, daß man seine eventuellen Unfähigkeiten mitträgt. 2 Rudolf Steiner beschreibt im Vortrag «Die Mission des Zornes» (Metamorphosen des Seelenlebens), wie der Zorn, der heilige Zorn, der Anfang ist von etwas, was später zum moralischen Urteil sich entwickeln kann. Dazu darf der Zorn sich aber nicht zu stark nach außen zeigen; er muß allmählich innerhalb verarbeitet werden. Tut man das, dann wird der Zorn zur Kraft des Mitleides und der Liebe, zur Gelassenheit. Diese Qualitäten sind so früh wie möglich zu entwickeln. Natürlich braucht es Zeit, um bestimmte innere Qualitäten (welche man noch nicht hat) zu entwickeln; aber «wer• immer strebend sich bemüht.. .» Und das spürt man voneinander, ob das strebende Bemühen da ist oder nicht. Weil in dieser ersten Phase alle möglichen Probleme schon auftauchen können, seien einige erwähnt, um sie anzupacken. 0 Probleme auf der Ebene des Denkens, der Ideen: • Dogmatismus: «So ist es.» • Konformismus: «Alle anderen machen es auch so.» «Die Nachbarn.» G Probleme auf der Ebene des Fühlens, der Werte und Normen: • «Das darf man nicht.» • Gesprächen ausweichen aus Angst vor Konflikten oder Konfrontationen. • Den Partner überschütten mit Kritik, gut gemeintem, aber ungefragtem Rat oder Klagen. 0 Probleme auf dem Gebiet des Wollens, des Handelns: • Feigheit. • Aggression. Potentielle Problemgebiete () Mangelndes Vertrauen: Wieviel Vertrauen hat man zueinander? Wieviel Risiken ist man gegenseitig bereit zu nehmen? Mißtrauen ruft Probleme hervor, Mißbrauch von Vertrauen auch. (i) Macht. Grundrechte oder autonome Gebiete: Wieviel Macht ist man bereit, dem anderen einzuräumen, wie abhängig ist man bereit zu sein? Kann man voneinander akzeptieren, daß jeder ein Gebiet hat, wo er frei entscheiden kann, ohne daß der andere hereinfunkt? Was sind für den einzelnen die Grundrechte, deren Verletzung die Beziehung unheilbar zerstören kann? (1) Zentralität. Wichtigkeit: Wie wichtig ist der eine für den anderen? Wie zentral ist die Rolle des einen für den anderen in dessen Leben? Wie macht man das einander deutlich? Begreift oder versteht man sich gegenseitig auf diesem Gebiet? e Abstand. Zuneigung: Wieviel Abstand und will man gegenseitig bewahren? Ist der Abstand zu groß, kann das Gefühl entstehen, man fängt an sich zu trennen (vielleicht ist das die Realität?). Ist zu wenig Abstand da, fühlt man sich bedrückt, überfahren, unfrei. () Verteidigung der eigenen Identität: Viele Konflikte entstehen aus dem Gefühl, man müsse die eigene Identität verteidigen, ohne daß der Partner sich dessen bewußt ist. () Soziale Grenzen. Ein- oder ausgeklammert: Welche Personen sind für den anderen im Freundeskreis akzeptabel? Jeder Mensch hat seinen eigenen Bekanntenkreis, und die beiden Kreise brauchen sich nicht völlig zu decken. Darüber soll offen gesprochen werden. () Gegenseitige Rollenerwartungen: Was erwartet man von seinem Partner? Erwartet die Frau von ihrem Mann auch einen Vater oder Bruder, oder der Mann von seiner Frau auch eine Mutter oder Geliebte? Wo und wann ist welche Rolle erwünscht? Ist man sich dessen bewußt? 0 Nicht ausgesprochene Werte und Normen: Wie oft beurteilen wir den anderen nach unseren eigenen Normen und sagen ihm: «Du sollst… Du sollst nicht . » , ohne sich vorher über diese Normen zu einigen. 0 Sex, oder das Erotisch-Sexuelle: Partner sollten sich über dieses Gebiet, oft das am wenigsten diskutierte, trotz seiner Wichtigkeit, im klaren sein oder werden: • Ist Sex nur Zeitvertreib oder Spaß? • Soll er nur eine Rolle spielen, wenn es um die Zeugung eines Kindes geht? • Soll er die «Krone des Liebesverhaltens» sein? • Darf man erotische Beziehungen außerhalb der «Ehe» haben und wieso? • Ist der Lebenspartner auf diesem Gebiete derjenige, der zuerst kommt, oder auch das nicht (mehr)? • Sind vielleicht heterosexuelle Mischbeziehungen da? Eine allgemeine Erfahrung zeigt, daß es nur den wenigsten Menschen gelingt, die emotionellen Spannungen, welche zusammenhängen mit außerehelichen Beziehungen, ohne bleibenden seelischen Schaden zu verarbeiten. Das ist der Hauptgrund, weshalb der Rat gegeben wird: «Nicht tun.» Bei der Diskussion dieser Probleme ist nicht nur das Thema, das diskutiert wird, wichtig; auch die Art, in der man miteinander spricht, spielt eine große Rolle.' C'est le ton qui fait la musique. 3 . Hier folgen einige Hinweise auf positive und negative Kommunikation: Positiv: Realistisch, involviert. Spezifisch, direkt, klar. Konkret und weisend auf Zukunftsperspektive. Konkret, sachlich auswertend. «Fair play» mit Humor. Bereitschaft zur Aenderung und zum Verhandeln. Gutes Zuhören, aufmerksam sein auf den anderen und durch Wiederholen fortwährend die eigene Wahrnehmung kontrollierend. Dann gibt es bestimmte Kommunikationsformen, die den anderen wütend machen. 0 Zwischen Tür und Angel gesetzt werden. «Was ich auch tue, nie ist es gut. Wenn ich meine Frau anrufe, um ihr zu sagen, daß ich nicht zum Abendessen kommen kann, ist sie böse. Wenn ich nicht anrufe, ist sie auch böse.» (2) Das «.Ia-aber»-Verfahren. Man geht nur scheinbar auf den anderen ein. O Zwangsneurotisches Handeln. Man macht sich selber dadurch verrückt, daß man Sich in Zwangsgedanken gefangen hält, die mit einem selber oder mit dem anderen zu tun haben. Zum Beispiel der Partner hat einen Freund oder eine Freundin, und nun steift man sich vor, was alles geschehen könnte, obgleich das m i t der Wirklichkeit nichts mehr zu tun hat. Rätselraten. «Da war etwas Wichtiges, aber darüber kann i c h nicht reden.» Oder, «wenn d u nicht raten kannst, was i c h meine, liebst du mich offensichtlich nicht genug.» Psychiatrie. Das Verhalten des Partners immer psychologisch deuten. C) Szenen machen. Jedesmal, wenn man ein vernünftiges Gespräch über ein Problem beginnt, wird vom Partner eine Szene gemacht, wodurch das Gespräch unmöglich wird. Negativ: Unrealistisch, oberflächlich, nicht interessiert. Unspezifisch, allgemein, unklar. Immer wiederholend nur auf die Vergangenheit eingehend. Kritik und/oder Vorurteile. Unfaire «Tiefschläge» ohne Humor. Entweder starres Verhalten oder sich, wie der Wind weht, anpassen und der Konfrontation ausweichend. Schlechtes Zuhören, unkontrollierte Gemeinplätze, Vorurteile, aneinander vorbeireden usw. () Bodenloser. Brunnen. A ls Wiedergutmachung eines Fehlers verspricht man etwas, was aber vom Partner ausgenützt wird, indem e r oder sie weitere Forderungen stellt, wodurch man allmählich völlig überfordert wird. (Wie die drei Rätsel der Hexe in vielen Märchen.) () Krisen verursachen. Den Partner bewußt frustrieren, weil man ihn fortwährend i n seinen schwächsten Stellen trifft. Wenn er dann böse wird, ihm darüber Vorwürfe machen. 0 Disqualifizierung. Ein Gespräch unmöglich machen, weil man bestimmte Aspekte nicht bereit ist zu diskutieren. @ Angeht. Dem anderen nur Fragen stellen, ohne sich selber gefühlsmäßig zu engagieren. Zuschauer bleiben. 0) Abwege. Das Gespräch immer wieder auf nicht relevante Abwege führen. Zeit gewinnen. Durch Dauerreden den anderen nicht zum Worte kommen lassen. @ Nicht nein sagen können, wobei man ent-'i weder i n Wirklichkeit aber nein t u t oder überfordert wird. Die Therapie liegt immer im bewußt machen und gemeinsam besprechen, wie man sich! gegenseitig hilft, zur positiven Kommunikation zu kommen. 4.• Methoden der Konfliktlösung Ein paar Hilfsmittel und Ratschläge, wenn man an der Lösung von Konflikten beteiligt ist. 0 Zuerst soll man sich darüber einigen, daß überhaupt ein Konfl ikt besteht; dann den Willen aussprechen, an der Lösung arbeiten zu wollen. C) Jeder macht eine sogenannte Museumliste (eine Liste von allen Dingen, die einen ärgern oder problematisch sind). 0 Man mache eine Abmachung, daß jeder die Gelegenheit bekomme, seine Liste darzustellen, ohne daß der andere hineinredet. Der andere darf nur informative Fragen stellen, aber sich vorläufig kein Urteil anmaßen. Wenn etwas unklar ist, wird es wiederholt. Man darf über die Punkte aber noch nicht diskutieren. © Nachdem beide Partner ihre Museumliste ausgesprochen haben und man einander zugehört hat, darf jeder versuchen, dem anderen klarzumachen, warum, wieso, weshalb usw., wobei man versucht, die wichtigsten• Problempunkte klarzustellen. Bitte nicht an zu vielen Details hängenbleiben. Dann folgen Gespräche (mehrere), wobei verhandelt wird über: • Gebiete des autonomen Handelns, • Grundrechte, • Gebiete, wo Veränderung notwendig ist, • Gebiete oder Dinge, die man nicht mehr diskutieren möchte, w e i l sie a l s Tief - schlag oder veraltet erfahren werden. • Muß vielleicht irgendwo ein Waffenstillstand abgemacht werden? • Harmlose Methoden, seine Aggressionen loszuwerden. • Gewohnheiten, welche man verändern sollte. • Wo man sich gegenseitig in der Kommunikation verrückt macht. 0 Dann sollte man versuchen, zu bestimmten bewußt abgemachten Spielregeln zu kommen, welche von beiden akzeptiert werden können. Dazu gehört aber auch, daß man verabredet, daß man das Recht hat, den anderen darauf aufmerksam z u machen, wenn er/sie eine Spielregel vergißt. Auch besprechen, wie man sich gegenseitig daran erinnert. 1 0 Partner sollen, wenn sie sich wirklich (immer) noch lieben, dies ganz konkret und durch physisch sichtbare Zeichen oder Handlungen erfahren. In einer Konfliktsituation gibt es genügend Unsicherheiten, und es wird vom Partner sehr viel «Einstecken» verlangt. Es ist nicht nötig, mehr Unsicherheiten zu schaffen, als schon da sind. In jeder Lebensgemeinschaft gibt es e i n i g ! Grundregeln, welche eingehalten werden müssen, will man nicht fortwährend in Konflikten leben: , 0 Akzeptieren, daß jeder individuelle Mensch eine eigene Identität hat, welche andere respektieren sollen. Man kann einen Menschen nicht grundlegend verändern, er katfri es selber auch nicht. Jeder kann nur vers1.1 ‚ ;-, chen, seine Einseitigkeiten etwas auszugleichen und sein Verhalten besser in den Gt;iff , 4 zu bekommen. , 0 Jede Gemeinschaft braucht, um funktioie: ren zu können, Spielregeln. Diese solletk,' bewußt festgelegt und regelmäßig auf ihre - , Funktionalität geprüft werden. 0 Um das Einhalten von Spielregeln zu gewährleisten, müssen Kontrollmaßnahmen verabredet werden. Das soll man nicht 9 f , i gessen. 0 Kontrolle über die Spielregeln heißt Frustrae;' tionen verdauen müssen. (Es ist nicht schön.. wenn man dabei ertappt wird, eine Spielregel mißachtet zu haben. Man muß die Schamgefühle verdauen, und das tut weh. Deshalb: soll man kein Salz i n offene Wunden streuen.) ® Darüber sprechen und akzeptieren, daß man, wenn das Bedürfnis da ist, seine Aggressionen auf eine harmlose Art abreagiert (zum Beispiel dreimal um das Haus laufen, etwas altes Geschirr zerschlagen, Holz hacken).' s ., ® Gefühle verändern ist sehr schwierig. Man • soll akzeptieren, daß sie einfach da Sind. Leugnen hat keinen Sinn. Das Verhalten aber kann man trotzdem ändern; da sollte man anfangen. Vorläufig tut man als ob; und allmählich wird man sehen, daß sich die Gefühle tatsächlich ändern. So können positive Gefühle gezüchtet werden. 0 Das Verhalten kann man ändern, die Persött'-1P lichkeit jedoch ändert man nicht. Sprechene'l darüber ist wichtig, um zu sehen, wo Verhaltensveränderung, Gewohnheitsveränderung nötig und möglich ist. Darin liegen Entwicklungsaufgaben für beide. 0 L i e b e k a n n n u r s o l a n g e a n wirkliches Interesse für den Partner da ist. : Dies zeigt sich in regelmäßigen Gesprächen über des andern Biographie; gemeinsame Biographie-Uebungen machen. We i l d i e «Wahrheit» oft weh tut, ist Mut nötig. Weil viele Probleme der späteren Phasen ihren Ursprung in der ersten Phase haben, wurden diese Aspekte hier hereingebracht. 5 • 711 Zweite Phase (Vergleich 28 bis 35)- '1 Die wichtigsten Eigenschaften, welche in dieser «zweiten Phase)) entwickelt werden sollten, sind: • Toleranz, Takt und Positivität. • Es sind alles Eigenschaften, welche mit dem Sozialen zusammenhängen. Es ist diese «zweite Phase der Lebensgemeinschaft » sowohl in der individuellen Biographie als auch in der Gemeinschaft, in der es hauptsächlich um die Entwicklung sozialer Fähigkeiten geht. • Gerade weil in dieser Phase vieles im Sozialen nicht mehr automatisch abläuft oder zu viele Automatismen auftreten, Tendenzen zur Entfremdung sich zeigen, ist es notwendig, daß die Pflege des Sozialen bewußt zur Hand genommen wird. In jeder Gemeinschaft entstehen nach einiger Zeit Gewohnheiten, die zur Routine werden können. Oder es entstehen fixierte Rollenverhältnisse, wobei Dominanz- und Abhängigkeitsbeziehungen entstehen können, welche die freie Entfaltung der Persönlichkeit (auf beiden Seiten) hindern. Um zu einer freien Persönlichkeitsentfaltung zu kommen, muß ein Mensch weder i n einer Dominanz noch i n einer Abhiingigkeitsbeziehung stehen. Sowohl das cUebergeordnet»-Sein als auch das «Untergeordnet »-Sein hemmen die Entwicklung. Ist man in der übergeordneten Position, so glaubt man sich nicht weiterentwickeln zu brauchen, ist man untergeordnet, s o fühlt man sich bedrängt. Eine Gemeinschaft, eine Ehe, soll immer mehr zu einer Partnerschaft werden können. In der Familie bezieht sich das auch auf die aufwachsenden Kinder. Von der Prä-Adoleszenz an fangen die Kinder an, mitreden zu wollen, weil sie sich auf das «Erwachsensein» vorbereiten müssen. Es gibt leider heute noch viele Erwachsene, welche nicht über das seelische Alter der Prä- Pubertät hinausgewachsen sind. Das zu bessern ist eine erzieherische Aufgabe. D i e Eltern müssen lernen, von der «Eltern-Rolle» in ,die «Freund-Rolle» überzuwechseln, Das kann man den Kindern gegenüber eigentlich nur, wenn man es zuerst mal zwischen Partnern geübt und gelernt hat. Die Familienkonferenz (wobei jeder• das Recht hat, sich frei auszusprechen über das, was ihn bewegt) ist eine gute Uebungssituation für die• Gleichberechtigung. Man sollte nach jeder Fa- • milienkonferenz miteinander besprechen, ob es einem gelungen sei, einigermaßen gleichberechtigt am Gespräch teilnehmen zu können, und wenn nicht, wieso? Für das Soziale ist der Rhythmus ein sehr wichtiger Faktor. Sowohl in der Gemeinschaft als auch in den Beziehungen nach außen sollten Rhythmen gepflegt werden, womöglich rhythmischer Tagesablauf, regelmässige Familienkonferenzen usw. Immer wieder läßt sich feststellen, daß gute soziale Beziehungen sich nur pflegen lassen aufgrund von Rhythmus, Liebe und innerem Gleichgewicht (Gleichmut). Den, 4 , .Gleichmut sollte man schon einigermaßen entwickelt haben. Der Rhythmus muß geübt wei . -1 den. Die Liebe braucht wohl eine Metamoi; , , phose (Wandlung), wobei sie (zunächst meg“ Sex-orientiert) etwas mehr dem Seelischen zugewandt wird. Bleibt man nur beim Sex, dann wird die Liebe zur Langeweile oder zum brennenden Bedürfnis. Beide schaden d e r menschlichen Beziehung und der seelischen Liebe. • Auch hier soll wiederum die Gleichberechtigung im Gespräch über dieses Thema geübt werden. Es scheint ein Widerspruch darin zu liegen, von Rhythmen = Wiederholungen) z u sprechen. und anderseits vor Langeweile zu warnen. D a i ist jedoch nicht nötig. • Trotz Rhythmus kann (innerhalb der Rhythmen) die Kreativität spielen und so verhindern, daß Langeweile entsteht. Langeweile entsteht dort, wo das wirkliche Interesse am anderen Menschen a m Ve r - schwinden ist. Thomas A. Harns beschreibt in seinem Buch «Ich bin O.K., du bist O.K.» verschiedene Verhaltensmuster, welche wir in jeder sozialen Situation wiedererkennen können. Es ist nicht schlecht, die eigene Situation mal darauf zu prüfen: C) Absenzen (sich seelisch zurückziehen). Man ist zwar physisch in der Situation, hat abe3 innerlich «abgehängt». C) Rituale. Verhaltensmuster, welche sozial völlig akzeptiert sind und welche nach bestimmten verabredeten Mustern verlaufen; wobei jeder damit einverstanden ist, daß: dies jetzt gemacht oder getan werden soll.I Zum Beispiel zur Kirche gehen, sonntags Auto fahren, Cocktailparty usw. Sie haben ,den Vorteil, daß man soziale Kontakte vortäuscht, weil man nicht gezwungen wird, sich wirklich zu engagieren. Fixierte Spiel-. regeln geben immer ein Stück Sicherheit. i () Aktivitäten. Das sind allgemein akzeptierte Arten, die Zeit zu strukturieren ohne den' Zwang, sich sozial begegnen z u müsseni man begegnet sich in «Rollen». Zum Beispiel Einkaufen, Geschäftsverabredungenl machen, den Beruf ausüben, Abwaschen, Briefe schreiben usw. 6 0 Zeit vertreiben. Das sind auch Aktivitäten, die nach ganz bestimmten, allen bekannten Spielregeln verlaufen und auch den echtem sozialen Kontakt nicht vonnöten haben, wie Jassen, Schwatzgespräche, w i e «Welches Auto fahren Sie?» oder «Wo kaufen Sie ein?» oder «Wie geht es den Kindern?» 0 Spiele. Diese spielen im menschlichen Leben eine so große Rolle, daß Eric Beme ihnen ein ganzes Buch widmete (Garnes t h a t people play). Spiele sind eine Reihe von gegenseitigem Kommunikationsverfahren, welche z u einem voraus bekannten Z i e l führen, wobei es darum geht, daß der eine verliert und der andere gewinnt. Meistens entsteht dann ein Konflikt oder ein Krach. Der Film «Wer hat Angst vor Virginia Wolf» i s t e i n gutes Beispiel von einer sogenannten Spieltransaktion. A n d e r e «Spiele» sind: • «Meins ist besser wie Deins.» (Gegenseitiges Ueberzeugenwollen, ohne wirklich auf die Argumentation des anderen einzugehen.) • «Warum tust du nicht . .? Ja, aber. …» (Einem Rat, den man sowieso nicht befolgen will, eine Scheinzustimmung geben. A u f der anderen Seite weiß der Ratgeber schon, daß d e r R a t sowieso abgelehnt w i r d . . . nach der stereotypen Formel «Ja, aber ….!») • «Wenn nur du nicht da wärest, könnte ich . » (Sündenbock.) • «Es kommt alles dadurch, daß Er, oder Sie, oder die anderen …» (Nicht gestatten können, daß das Problem bei einem selber liegt.) • «Mit Frauen kann man darüber nicht reden.» Oder: «Männer verstehen davon sowieso nichts.» (Vorurteile.) Spiele stützen sich auf Vorurteile und Stereotypien und werden gespielt, um damit einer Konfrontation mit sich selbst auszuweichen. Intimität. Intimität ist gestützt auf gegenseitiges Akzeptieren der anderen Person (wie sie einfach ist, in der Situation, mit allen Stärken und Schwächen: «Ich bin O.K., du bist 0.K»). Dadurch kann eine Offenheit da sein, die das Spielen von solchen Spielen unnötig macht: • Intimität heißt nicht, daß zwischen Partnern keine Probleme sind, daß jedoch über Probleme Offenheit herrscht. Gerade wenn die Kinder anlangen aufzuwachsen, wäre es dienlich, das eigene Verhalten diesbezüglich mal zu analysieren. • Kinder nehmen sehr scharf wahr; • die Entwicklung geht heute so rasch vorwärts, daß die ältere Generation sowieso Mühe hat nachzukommen. Viele Ehen gehen auseinander, weil die Partner zuwenig Bewußtsein haben, um erkenntnismäßig ihre Problematik zu durchschauen. Damit ist nicht gesagt, daß mit diesen Erkenntnissen alle Lebensgemeinschaften bestehenbleiben; aber jedenfalls kann man mit Bewußtsein und Einsicht die Art und Weise, wie man auseinandergeht, konfliktloser steuern. Dritte Phase (Vergleich 35 bis 42) Wenn die Ehe bis jetzt standgehalten hat, kommt (wie i n der Biographie) sicher der Punkt der Konfrontation mit sich selbst: • Es ist jene Phase, in der aus dem Unterbewußtsein die Erfahrungen der Pubertät wieder hochkommen… und erst noch die frühesten Kindheitserfahrungen bewußt durchgearbeitet werden müssen, will man als freier Mensch weiter durch das Leben gehen. • Man muß sozusagen nochmal ein Stück Vererbung umwandeln. So ist auch in der Ehe jetzt die Aufgabe, sich am stärksten mit den gegenseitigen Schicksalen auseinanderzusetzen. Wo in der Einzelbiographie die Liebe zum eigenen Schicksal entwikkelt werden muß, soll jetzt die Liebe zum gemeinsamen Schicksal entwickelt werden, wie das dann auch aussehen mag. In dieser Phase müssen Partner sozusagen einem gemeinsamen Rückblick auf der einen Seite nicht aus dem Wege gehen, auf der anderen Seite soll man auch bewußt in die Zukunft schauen und sich fragen, welche gemeinsamen Aufgaben noch aufgegriffen werden sollten? Sehr oft wird dieser Aufgabe ausgewichen. Der Mensch spürt durch eine innere Unzufriedenheit, daß er an diese Aufgabe herangeführt wird, aber will es innerlich nicht wahrhaben, weil er dann aus seiner Trägheit herauskommen muß. Die Folgen sind dann oft, daß die Ehe auseinandergeht, ohne daß die Grundprobleme angepackt worden sind. Wi r werden meistens sehen, daß die gleichen Probleme sich ungefähr 21 Jahre später, aber sehr verstärkt, aufs neue zeigen. Es ist ein Schicksalsgesetz, daß das Schicksal einfach nicht nachläßt: 7 • • Was der Mensch nicht bewußt bereit ist durchzuarbeiten, wird ihm vom Schicksal so oft vor die Nase geführt, bis er es kapiert und die Aufgaben aufgreift. Auch wenn der Mensch versucht, durch Aenderung der äußeren Umstände seine Lage zu bessern, sich selber nimmt er in die neue Situation doch mit: • • Was er nicht durchdenkt, muß er durchleiden Bewußtwerdung ist nötig. Ohne eine innere Veränderung geht es nicht. Wenn man sich mit folgenden Fragen beschäftigt, kann das eine Hilfe sein: • Warum habe ich mir diese Eltern ausgesucht? • Warum habe ich mir diesen Partner ausgesucht? • • Was hatte ich bis jetzt von beiden zu lernen und noch nicht gelernt? _ • Warum bin ich i n diesem Volk, Land, Kultur, Sprachgebiet geboren? • Welche Probleme hat mir meine Umwelt auferlegt, damit ich sie bewältigen lerne? • Wie waren meine Feinflicnumstände in meiner Jugend? Wie sieht es jetzt in meiner Familie aus? Bin ich damit einverstanden? Wieso? • Wie war meine Beziehung zum Vater, zur Mutter, zu Brüdern und Schwestern? Wie sieht das bei meinen Kindern aus? • Wie waren meine Freundschaften, meine Lieben, und wie ist das in meiner Ehe jetzt? • Was wurde an mir getan im ersten Jahrsiebent? Was muß ich deshalb jetzt entwikkein, und wie sieht das aus für .meine Pubertät? • Was ist eigentlich die Aufgabe, die ich im Leben habe? Welche Rolle spielt mein Partner dabei? (Aufgabe sowohl nach außen als nach innen in der Selbstentwicklung.) • Was könnte das wirkliche Ziel unserer Ehe (unserer Lebensgemeinschaft) für die Zukunft sein? - Jeder Mensch muß im Laufe seiner Entwicklung und auch jede Ehe sollte daran arbeiten, sich mit folgenden Elementen auseinandersetzen: 0 Die Entwicklung von rückhaltloser Selbsterkenntnis mit Bezug auf Verhalten, Art des Reagierens auf andere, Gewohnheiten usw. 0 Die Metamorphose seines Wertsystems. Die Meinungen, Auffassungen, Werte und Normen, «Du sollst… Du sollst nicht müssen fortwährend an der Realität geprüft werden, damit sie nicht dogmatisch werden. 1 0 R e g e l m ä ß i g e U e b e r p r ü f u n g d e r L e b e n s z i e l e und Aufgaben. Diese sollen immer wieder den Entwicklungrsbedürfnissen der eigenen Biographie und der Gemeinschaft angepaßt werden. Sich eingehend mit der eigenen Biographie auseinandersetzen, damit man die vorige Frage beantworten kann. Diese Aufgaben kann man nicht nur im stillen Kämmerlein durchführen. Dazu bedarf es auch des Gesprächs. Gerade die Ehe macht das Gespräch möglich; es ist nicht umsonst, daß Christus sagte: «Wo zwei oder mehr in meinem Namen zusammen sind, da kann ich bei Euch sein.» Was oft vergessen wird. Es gibt nichts Verheerenderes in der Ehe, als einem Gespräch auszuweichen. Wenn wir weitere Evolutionsphasen der Lebensgemeinschaft beschreiben, wird es immer schwieriger (wie auch i n der individuellen Biographie b e i einzelnen Beschreibungen). Deshalb gehe ich nun in einer letzten Phase mehr allgemein auf den weiteren Verlauf ein. Die weiteren Phasen Bleibt eine Ehe zusammen, nicht sosehr, weil die Partner aus Angst zusammenbleiben (Angst vor der Einsamkeit, Angst vor ungewisser Zukunft) oder weil man aus Gewohnheit einfach bleibt oder weil man bewußt sich entschieden hat zusammenzubleiben, um einen bestimmten Prozeß, der für beide notwendig Ist, abzurunden (der Prozeß kann sich beziehen auf die Entwickltmgsauf gaben einzelner Partner oder auf eine gemeinsame Aufgabe), dann kann man das wahrnehmen: • Allmählich verändert sich die gegenseitige Einstellung zueinander: • Viel mehr Objektivität, viel mehr Verständnis, viel mehr Zurückhaltung wird die Beziehung • färben. Auch die Liebe kann eine ganz ändere Färbung bekommen. Oft kann sogar das Sexuell- Erotische in den Hintergrund treten: die wirkliche Liebe zum anderen Schicksal kommt in den Vordergrund. Das wirkliche Interesse am Schicksal des Partners, wobei es immer weniger wichtig sein wird, welche Rolle man selber darin oder dabei spielt. Diese Art der Liebe ist sozusagen der Gegenpol der sexuellen Liebe. Das Sexuelle hat immer Egoismus in sich; Liebe hat das Opfern in sich: sich selber zurückstellen zur Unterstützung des Partners. Es ist eine innere Haltung, die natürlich nicht nur dieser Phase vorbehalten ist. Doch das Alter und die Zeit können bestimmte Fähigkeiten in uns entwickeln. • Je bewußter und früher man solche IndMduationsprozesse anstrebt, desto schneller 8. kann man auch zu bestimmten Erkenntnissen kommen. • Und wenn die Erkenntnisse gereift sind, werden sie allmählich zu Fähigkeiten. Rudolf Steiner hat in seiner «Christus-Statue» die Figur des Christus dargestellt Zwischen den beiden Aspekten des Bösen: • das Illusorische (das von der Erde in Musionen wegstrebende Böse mit seiner egoistischen Tendenz); • und das an die Materie sich festklammernde Böse (das die Angst symbolisiert). Wir wissen, daß diese beiden Aspekte des Bösen (Weltflucht und Weltsucht) auch i n jedem Menschen sind; wir haben die Aufgabe, uns damit auseinanderzusetzen. Es heißt aber auch, daß in uns selber ein Platz ist, wo zwischen diesen beiden «Gegenmächten» das ausgeglichen Christliche sein kann. Auf ein Problem muß noch hingewiesen werden. Viele Menschen wollen gerne etwas Gutes tun und anderen helfen. Tut man das aber aus dem inneren Wunsch (der kann sehr im Unterbewußtsein leben), das «gut tun» zu genießen, ist man auf dem falschen Wege. Die ungefragt angebotene Hilfe macht andere Menschen unfrei. Wirkliche Hilfeleistung soll sich weder auf eigene Lustgefühle stützen noch darauf, den anderen unfrei zu machen. Um das beurteilen zu können, braucht es die Fähigkeit, sich selbst und den anderen objektiv zu sehen, so wie wir sind, ohne dabei von diesen Stärken und Schwächen durch Sympathie oder Antipathie gestört zu werden. • Es heißt also nicht, daß man keine Sympathie oder Antipathie haben darf, • man soll nur i n seiner Beurteilung der Person davon nicht einseitig beeinflußt werden. Rudolf Steiner formulierte das so: • «Den anderen Menschen in seinem Herzen mittragen können mit der Objektivität eines mathematischen Problems.» Das ist die objektive Liebe. In diesem Zusammenhang ist auch seine Charakterisierung eines freien Menschen interessant (Philosophie der Freiheit, IX. Kapitel): «Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnis des fremden Wollens ist die Grundmaxime des freien Menschen.» Es ist diese Qualität, welche man anstreben sollte in der Ehe oder in jeder Gemeinschaft. Die beiden Zitate fassen den Inhalt dieses Aufsatzes zusammen. Sie sind eine Ergänzung zu dem, was über die einzelnen Lebensphasen gesagt wurde. Beide Aufsätze könnten für Sie, lieber Leser, wohl Anregungen enthalten zur besseren Bewältigung der eigenen Lebensprobleme. 90

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